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Der letzte seiner Art

Ich hab heute den letzten Mac aus meinem Besitz gebraucht verkauft. Für 170 EUR ist der 2011er Mac Mini weggegangen, für ein quasi obsoletes Stück Hardware kein schlechter Preis. Aber das zeigt leider genau das Problem: Wer macOS will (und nicht sehr leidensfähig ist) muss Mac kaufen. Mit jeder neuen Einschränkung sank jedoch meine Bereitschaft, mich dem weiter hinzugeben.

Meinen ersten Mac hab ich 1995 gekauft: Ein Power Macintosh 7200. Auch wenn der damalige Preis um 2.400-2.700 DM als günstig im Vergleich zum restlichen Angebot galt, war das doch eine Menge Geld für mich als Student. Drei Jahre später folgte mit dem für meine Verhältnisse sündteuren Powerbook G3 Wallstreet, meinem ersten Mac aus dem “Profi-Segment”. Eine unglaubliche Maschine für die damalige Zeit, und mit weit über 10.000 DM auch beeindruckend teuer.

Mainboard meines Power Macintosh 7200

Zwei Mal habe ich von mir gegründete Firmen mit Macs ausgestattet, einmal Anfang der 2000er und danach sieben Jahre später. Ich habe OS 7/8/9 genutzt, OS X und macOS. Es gab den Power Mac G4 Cube oder diesen oder diesen iMac, und natürlich auch einige von diesen. Von der ersten Version von OSX Server besitze ich noch den Karton, darauf haben wir vor 20 Jahren innovative Web-Software entwickelt. Das war grundsätzlich kein Fehler, die Maschinen waren langlebig, die Software zuverlässig. Dabei hab ich niemals in der “Haupt-Domäne” von Apple gearbeitet: Ich schneide keine Videos, besitze auch kein Tonstudio. Aber für Entwickler war der Mac schon lange wertvoll: Spätestens seit der OSX-Zeit hatte man unterhalb des schicken Desktops ein stabiles, offenes, zu allen Standards kompatibles BSD-artiges Betriebssystem.

Aber der Fokus von Apple schien sich schon seit Jahren zu verschieben. Die schiere Masse an iPhones lässt die Umsätze im Desktop-Segment unbedeutend erscheinen. Schon lange sind Macs nicht mehr aufrüstbar, ein Mangel an RAM oder Festplattenkapazität erfordert schon lange den Kauf einer neuen Maschine. Das war mal anders: Selbst der geschmähte 2013er Mac Pro (aka. “Tischmülleimer”) war sehr modular aufgebaut, bis zur CPU konnte alles getauscht werden.

Lange Zeit war Apple mit der Hardware hinterher: Neuerungen bezogen sich eher auf zusätzliche Emoji in der Software und irgendwelche Gadgets, denn auf real hard ware. Die Einführung der Touchbar anstelle der physischen Sondertasten hat viele Profis verärgert, die Butterfly-Tastatur ebenso. Schon lange gibt es keine matten Bildschirme mehr, obwohl das für Vielschreiber viel angenehmer ist. Anschlüsse oder Erweiterungsmöglichkeiten? Fehlanzeige, das Dongle-Universum rings um die Macs nahm absurde Züge an. Das Betriebssystem wird mit jedem Release weiter vernagelt, was für Consumer die Sicherheit erhöht, Profis hingegen im goldenen Garten einsperrt. Nein, da war für mich nichts dabei, seit 2011 habe ich keine neue Hardware aus Cupertino gekauft. Übrigens auch kein iPhone mehr, da mir dir Preispolitik echt auf die Nerven ging: Mehr als 1.000 EUR für ein Smartphone? Geht es noch?

Seit Ende letzten Jahres steht ein kleiner, aber flotter AMD Mini-PC auf meinem Schreibtisch. Mit seinen 64GB RAM und 3TB NVMe-SSD Speicherplatz hat er etwa so viel gekostet wie der kleinste aktuelle Mac Mini. Anders als dessen sicherlich faszinierende M1 SoC CPU läuft aber alle x86 Software auf dem Ryzen 9 5900HX. Manjaro Linux bootet in 8 Sekunden “von kalt bis Schreibtisch”, KVM/Qemu bietet mir virtuelles Windows 10 (für die Steuererklärung)… und virtuelles Mac OS. Für die letzten zwei Programme, die unter OSX so gut sind, dass ich noch kein Pendant dafür anderswo finden konnte: MoneyMoney und Monkey Office. Gut, letzteres gibt es auch für Windows.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich getraut habe, auch wirklich die allerletzten Daten vom Mac auf ein anderes System zu ziehen: Meine Onlinekonten, die Buchhaltung des Sportvereins. Alle archivierten digitalen Daten meiner aufgelösten Firma. Für die Softwareprojekte war der Wechsel hingegen trivial, denn Programmieren mit Ruby oder Javascript fühlt sich unter Linux viel besser an, von Docker ganz zu schweigen.

It was fun while it lasted. So long, Apple, and thanks for all the fish.