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Alles unter Kontrolle

Vorstände lieben die Idee agiler Transformation. Aber so einfach ist der Wechsel nicht: Veränderung beginnt im Kopf, und von liebgewonnenem Abschied zu nehmen fällt schwer.

In altmodischen Firmen findet man noch altmodische Strukturen. Da gibt es klare Regeln für Dienstwagen: Alle fahren billige Autos, höchstens Skoda. Ab Mittelmanagement darfs ein Audi A6 sein. Der Chef fährt Benz oder BMW. Für Parkplätze gilt das natürlich auch. Das Bild oben hab ich so in der Nachbarschaft gefunden.

Diese Strukturen haben sich über Jahrzehnte etabliert. Per “das war schon immer so” werden sie auch nicht mehr infrage gestellt. Schwierig, wenn das irgendwann geändert werden soll: Die, die früher Privilegien hatten, werden einen Verlust beklagen. Und wer tut das schon gern?

Macht ist ein starkes Privileg, und Kontrolle bedeutet Macht. Nimmst du dem Management seine Kontrolle weg, dann nimmst du ihnen ihre Privilegien. Wochenberichte, Projektplanungen, Budget- und Zielvereinbarungen… es gibt viele Wege, Kontrolle auszuüben.

Und jetzt: Agil

Plötzlich sollen Kleingruppen autark Produktverantwortung übernehmen. Das Zauberwort lautet “Selbstverwaltung”: Wo viele parallel planen, sollen Skalierungseffekte am Ende mehr und bessere Ergebnisse möglich machen. Viele kleine Schritte mit ständigem Abgleich an Bedürfnissen und Wünschen minimieren Fehler, weil diese viel früher erkannt werden. Mehr Ergebnisse in kürzerer Zeit? Und schick und modern ist es noch dazu? Kein Wunder, dass Vorstände “agile Transformation” als neue Wunderwaffe ausloben.

Wenn da nur nicht das Mittelmanagement wäre. Die Gruppen-, Abteilungs- und Bereichsleiter, denen in den letzten 20 Jahren “ambitionierte” (sprich: unrealistische) Sparvorgaben eingetrichtert wurden. Die bei Bedarf quartalsweise mit neuen Zielen versehen und an deren Erreichung gemessen werden. Deren Existenzberechtigung darin besteht, Kontrolle auszuüben. Wer braucht Mittelmanagement in flachen Strukturen?

Ich bin überzeugt: Eine Organisation, die ihr Mittelmanagement mit der Einführung agiler Strukturen beauftragt, erwartet nicht weniger als Selbstabschaffung von den Managern. Und da das (zu) viel verlangt ist, scheitern nicht wenige Ansätze in Richtung “weniger Wasserfall und mehr Agilität”. Sie verlaufen im Sande, weil in der täglichen Praxis Kontrolle überwiegt, wo Entscheidungsfreiheit herrschen sollte.

Viel wird versucht, um zusammenzufügen, was eigentlich nicht passen kann. Agile Teams in hierarchischer Umgebung, oder die Politik der “zwei Geschwindigkeiten”. Ich glaube, dass das alles halbgare Versuche bleiben, solange sich die Mentalität in der Organisation nicht grundlegend ändert. Und das geht nur mit anderen Köpfen.