In Geiselhaft
Hersteller von Software nehmen die Daten ihrer Kunden gefangen, indem sie bei Schnittstellen schludern und so den Austausch mit anderen Produkten verhindern.
Nehmen wir einmal an, der Hersteller Ihres Autos würde Ihnen vorschreiben, wohin Sie mit dem Wagen fahren dürften. Remscheid wäre in Ordnung, Düsseldorf nur gegen Zuzahlung.
Würden Sie das akzeptieren?
Was hier abstrus klingt, ist in der Softwareindustrie Gang und Gäbe. Die Lieferanten von Software machen es sich zu leicht und schludern bei den Schnittstellen. Nicht selten hat man den Eindruck, dass dies aus wirtschaftlicher Erwägung und keinesfalls zufällig geschieht.
Software definiert ihren betriebswirtschaftlichen Nutzen über die Art der Informationen, die mit ihrer Hilfe verarbeitet werden. Wer das nicht glaubt, kann ja mal versuchen, in einer Firma testweise die Datenbank zur Anzeige des Kantinenplanes für einen Tag abzuschalten – oder die Finanzbuchhaltung. Welcher Protest erscheint dringlicher?
Ein auf diese Weise für wertvoll erachtetes System gewinnt an Bedeutung, und bedeutsame Systeme werden nicht so einfach ersetzt, was wiederum im Interesse des Herstellers ist. Hersteller forcieren die Bindung der Kunden zusätzlich, indem sie Austausch und Kooperation mit anderen (Konkurrenz-) Programmen nicht mehr als nötig erleichtern. Die Folge: Wenn Sie das Produkt von Hersteller A einsetzen, dann wird es Sie große Mühe, Zeit und Geld kosten, auf das Produkt von Hersteller B zu wechseln. Unter Umständen können Sie ihre digitalen Daten nicht mehr nutzen und müssen ganz von vorne beginnen.
Be conservative in what you do, be liberal in what you accept from others.
Die Hersteller schotten sich voneinander ab, um ihre Umsätze zu sichern, und verletzten so den Robustheitsgrundsatz, der zB seit 36 Jahren hilft, die Funktionsfähigkeit des Internets als Ganzes aufrecht zu erhalten. Nur so ist es möglich, dass Sie heute ihr 20 Jahre altes Nokia-Handy in ein modernes Netz einbuchen könnten, um damit Emails von Google abzurufen, wenn Sie das wollten. Das sollte auch für Software gelten: So wenig wie Nokia Geräte bauen durfte, die nur im Netz eines Providers funktionieren, sollte eine ERP Software verhindern, dass Daten mit anderen Systemen ausgetauscht werden.
Zweimal haben wir in den letzten Monaten erlebt, dass Kunden sinnvolle Ideen zur digitalen Weiterentwicklung nicht umsetzen konnten, weil die verwendeten Softwaresysteme dies nicht zuliessen. Eine Digitalisierung war nicht möglich, weil digitale Bestandteile blockieren. Einmal hatte das technische Gründe, ein weiteres Mal “politische”, weil der Zugriff vom Hersteller der ERP Software unterbunden wurde. Wären Sie davon auch betroffen?
Checkliste “Geiselhaft”
- Unsere Software ist umfassend, korrekt und verständlich dokumentiert. Diese Dokumentation steht jedem kostenlos zur Verfügung und enthält sowohl Anwender- als auch Entwicklerthemen.
- Unsere Software speichert Daten zentral und nicht auf einzelnen Arbeitstationen.
- Unsere Software unterstützt standardisierte Dateiformate wie PDF oder XML sowie UTF zum Austausch.
- Unsere Software lässt mich alle meine Daten sehen und exportieren, ohne dass Beschränkungen durch Lizenzen oä auferlegt würden.
- Unsere Software lässt sich ohne TerminalServer oä. im Netzwerk verwenden.
- Der Zugriff auf unsere Software wird gesichert durch Industriestandards wie SSL, TLS, Kerberos oder OAuth.
- Es existieren dokumentierte Schnittstellen zur maschinellen Kopplung ohne Benutzerinteraktion, zB REST, WebServices/SOAP, Corba oder IDoc
- Entwickler können Programme schreiben, die Informationen aus unserer Software abrufen und dorthin schreiben. Bei Entwicklung und Betrieb von Schnittstellen besteht keine Abhängigkeit zu bestimmten Programmiersprachen, Betriebssystemen oder Entwicklungsumgebungen.
- In unserer Software implementiertes Fachwissen zu Prozessen und Datenstrukturen ist für die Verwendung von Schnittstellen transparent.
- In unserer Software implementierte Berechtigungsstufen sind für die Verwendung von Schnittstellen transparent.
Machen Sie den Test: Können Sie alle Fragen für sich mit Ja beantworten? Herzlichen Glückwunsch, dann steht der Digitalisierung ihrer Ideen technisch nichts im Weg. Wenn aber Nein dabei sein sollte, dann haben Sie soeben ein erhebliches Risiko identifiziert, das Sie zukünftig viel Geld kosten kann. Sie sollten sich aus dieser Geiselhaft befreien.